Kürzungen am Kinder- und Jugendplan (KJP) des Bundes abwenden – bundeszentrale Infrastruktur der Kinder- und Jugendhilfe bewahren und stärken!

Aufruf an die Jugendpolitiker*innen und die Haushaltspolitiker*innen im Bundestag
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Megafon

Der Kinder- und Jugendplan (KJP) ist das zentrale Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe auf Bundesebene. Durch die KJP-Förderung werden bundeszentrale Träger aus allen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe in die Lage versetzt, verschiedenste Aufgaben zugunsten junger Menschen und Familien nach § 2 SGB VIII zu erfüllen. Allerdings fällt es den KJP-geförderten Trägern immer schwerer, diesen gesellschaftlich so relevanten Aufgaben nachzukommen, denn sie sind durch die seit Jahren nicht bedarfsgerecht gestaltete Ausstatung des KJP in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. In 2023/2024 spitzt sich die Lage nochmals deutlich zu: Aufgrund der stark ansteigenden Personalkosten (v. a. durch den neu abgeschlossenen Tarifvertrag im öffentlichen Dienst) sowie gestiegener Sach- bzw. Programmkosten geraten viele Träger in eine desolate Haushaltssituation, die nur durch eine Erhöhung der Zuwendung aus dem KJP abzuwenden sein wird.

Der Koalitionsvertrag formuliert eine „bedarfsgerechte Ausstatung“ des KJP. Dafür wäre einer Bedarfsanalyse zufolge eine Aufstockung für den Kinder- und Jugendplan i. H. v. 70 Mio. Euro für das Jahr 2024 notwendig. Eine Beibehaltung des Status quo (KJP-Volumen in 2023: 239 Mio. Euro) wäre in Anbetracht der massiv steigenden Kosten bereits einer Kürzung durch die Hintertür gleichgekommen. Stat die zwischen den Koalitionspartnern vereinbarte bedarfsgerechte Ausstatung des KJP endlich umzusetzen, sieht der Regierungsentwurf für den Haushalt allerdings eine drastische Kürzung der KJP-Mitel vor. Dies ist aus unserer Sicht eine gravierende politische Fehlentscheidung.
Wir stehen damit faktisch vor der Wahl zwischen dem Abbau von Leistungen für Kinder und Jugendliche oder der untertariflichen Vergütung der Fachkrätie. Einige bundeszentrale Träger werden gar in ihrer Existenz bedroht sein. Da über die Zentralstellen auch KJP-Mitel weitergeleitet werden, werden sich die Kürzungen in der Fläche bemerkbar machen. Wird dieser Entwicklung nicht entgegengewirkt, führt sie ab 2024 zwangsläufig zur Aushöhlung der Jugendhilfe-Infrastruktur in Deutschland, etwa durch den Abbau von pädagogischem Fachpersonal oder Einschränkungen des Leistungsangebots und der Reichweite.

Die beabsichtigten Kürzungen beim KJP sind auch deshalb hochproblematisch, weil die gesellschaftlich und politisch formulierten Anforderungen und Aufgaben an das Feld, wie beispielsweise Ganztags- und Kitaausbau, Armutsbekämpfung, Inklusion, Gesundheits- und Bewegungsförderung, Digitalisierung, Demokratiebildung und ökologische Transformation, stetig wachsen und in Krisenzeiten ganz besonders stark im Fokus stehen. Zudem ist in den letzten Jahren durch die Soforthilfe-Programme (Aufholen nach Corona, Ukraine-Hilfe) mit großer Energie vieles in der Kinder- und Jugendhilfe angeschoben worden. Diese Arbeit kann noch nicht als beendet betrachtet werden, schließlich sind die Folgen der Krisen bei jungen Menschen nach wie vor zu beobachten. Sollten nun weniger Mitel zur Verfügung stehen, geht dies klar zu Lasten der Kinder und Jugendlichen. Mit den aktuellen Sparplänen riskieren Politik und Verwaltung, ihre für die Gestaltung von fachlichen und fachpolitischen Verständigungsprozessen so zentralen zivilgesellschaftlichen Ansprechpartner zu verlieren.

Unser Anliegen ist ein sofortiges Umsteuern in der Haushaltspolitik für das kommende Jahr. Die von Gesellschaft, Verbänden, Wissenschaft und politisch Verantwortlichen formulierten Plädoyers für eine starke Kinder- und Jugendpolitik, die u. a. so prominent unter dem Brennglas der Corona-Pandemie gehalten wurden, müssen nun ihre konsequente Umsetzung in der Förderpolitik finden. Wir vertrauen darauf, dass Sie sich in den kommenden Haushaltsberatungen gegen die geplanten Kürzungen, für einen starken, bedarfsgerecht ausgestateten KJP und damit für Kinder, Jugendliche und ihre Familien einsetzen.

Der Aufruf wurde von AGJ , DBJR, AdB und GEMINI, BKJ, BAG OKJE und dsj initiiert. Die IGfH wird ebenfalls durch den Kinder- und Jugendplan bezuschusst und unterstützt den Aufruf nachdrücklich, da sie ebenfalls die Kürzungen im KJP mit großer Sorge sieht. Infrastrukturen der Kinder- und Jugendhilfe und Unterstützungen für Familien werden mit der radikalen Sparpolitik gefährdet!