Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Kinder- und Jugendhilfeinklusionsgesetzes (IKJHG)

Einschätzungen und Positionierung der IGfH
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Am 16.09.2024 hat das BMFSFJ den Referatsentwurf eines Gesetzes zur Ausgestaltung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe (IKJHG) veröffentlicht und die IGfH zur Kommentierung bis zum 2. Oktober 2024 aufgefordert. Die IGfH freut sich über die Möglichkeit, den Entwurf nach jahrelanger und zuletzt intensiveren Diskussion,kommentieren zu können.

Die IGfH hat sich immer wieder dafür ausgesprochen, die sozialrechtliche Zuständigkeit für die Eingliederungshilfen junger Menschen mit Behinderungen aus dem SGB IX auf die Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) zu verlagern und die Grundlagen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe für alle jungen Menschen zu schaffen. Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz ( KJSG ) vom 10.09.2021 hat hierzu Vorarbeiten geliefert, die nun mit dem IKJHG ihren vorläufigen Abschluss finden sollen. Das IKJHG ist das vom KJSG geforderte Gesetz, das bis zum 1.1.2027 verabschiedet sein muss und zum 1.1.2028 in Kraft treten soll, durch das der Vorrang der Kinder- und Jugendhilfe für Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen in § 10 Abs. 4 SGB VIII verankert werden soll („3. Stufe“ des KJSG ). 

Die IGfH begrüßt das im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien verankerte Vorhaben, diesen Gesetzgebungsprozess bereits in 2025 zum Abschluss zu bringen. Die IGfH hält die Zuständigkeitsverlagerung in das SGB VIII für notwendig, die im Referatsentwurf dargestellten gesetzlichen Regelungen aber keineswegs schon hinreichend für die Entwicklung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. Es kann daher nur als ein weiterer Zwischenschritt Richtung inklusive Kinder- und Jugendhilfe verstanden werden, der aber – auch bei aller Ambivalenz – als Kompromiss unbedingt gegangen werden muss.

Die IGfH appelliert ausdrücklich an alle politischen Verantwortlichen, noch in dieser Legislaturperiode ein neues Bundesgesetz zu verabschieden und damit dem Ziel einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe näher zu kommen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zentral, damit die Kommunen sich mit dem gesetzlichen Auftrag bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2028 auf den Weg machen können, die Kinder- und Jugendhilfe vor Ort inklusiv auszurichten und auszugestalten. Dieser Prozess muss fachlich begleitet, durch die Einbindung von Selbstorganisationen gestaltet und multiperspektivisch – unter Einbindung von Adressat*innen – evaluiert (§ 108 SGB VIII RefE) werden. Mit dem Blick auf die bevorstehenden vielfältigen Veränderungs- und Weiterentwicklungsprozesse sieht die IGfH die Notwendigkeit, die Praxis mit verschiedenen Modellprojekten und Initiativen zur Begleitung der Umsetzung auf Bundesebene zu unterstützen. Ebenso bedarf es auf den bisherigen Fachdiskursen aufbauender weiterführender Dialogprozesse zu zentralen Themen und weiteren Schnittstellenproblematiken, die aufgrund der Komplexität bislang nicht ausreichend im Fokus standen, jedoch wesentlich für die Weiterentwicklung einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfepraxis sind, allen voran die Schnittstellen zum SGB XI und SGB V.

Über den Referatsentwurf hinaus gehende Weiterentwicklungsbedarfe aus Sicht der IGfH

  • Das IKJHG verfolgt aufbauend auf dem KJSG das Ziel,die Beteiligung von jungen Menschen und ihren Familien weiterhin zu stärken, was jedoch nicht durchgängig in den gesetzlichen Normen zum Tragen kommt. So werden u.a. wichtige weitere Schritte zur Weiterentwicklung und Stärkung von Selbstvertretungen in der Kinder- und Jugendhilfe (nach § 4a SGB VIII) und auf Einrichtungsebene (nach § 45 Abs. 2 S. 4 SGB VIII RefE) nicht gegangen.  
  • Es braucht einen Rechtsstatus Leaving Care, um eine elternunabhängige soziale Sicherung von Care Leaver*innen zu erreichen.
  • Der Bedarf von jungen Volljährigen nach § 41 SGB VIII muss in einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe nicht nur im Hinblick auf deren „Persönlichkeitsentwicklung“ definiert werden, sondern muss um die Kategorie „Teilhabebeeinträchtigungen“ ergänzt werden.
  • Die Regelungen in § 10 Abs. 4 SGB VIII RefE können dazu führen, dass nicht alle jungen Menschen mit und ohne Fluchterfahrung und Behinderungen von der Reform adressiert werden und davon profitieren.

Die hier skizzierten über den Referatsentwurf hinausgehenden Weiterentwicklungsbedarfe werden am Schluss dieser Stellungnahme etwas ausführlicher nochmal aufgegriffen.


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