Kinderrechte
In der deutschen Jugendhilfeszene haben zwei Entwicklungen der letzten sechs Jahre zu einem intensiveren Nachdenken über die Rechte von Kindern und Jugendlichen geführt: einmal ist dies die politische Forderung nach und das Wirken der kommunalen Kinderbeauftragten (bzw. vergleichbarer Institutionen), zum anderen die rechtliche Situation nach Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte des Kindes und seit Inkrafttreten des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Es ist für die Diskussion über Kinderrechte charakteristisch, daß über sie - und über Kinder - viel geredet und geschrieben wird, daß es aber mit der praktischen Umsetzung zum Beispiel von Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten von jungen Menschen schlecht bestellt ist. Was zu kurz kommt, ist das Reden mit Kindern und Jugendlichen, das Ernstnehmen und Zuhören. Dies betrifft meines Erachtens ganz besonders den Bereich der Erziehungshilfen.
In diesem Heft sollen daher verschiedene Facetten des Themas "Kinderrechte in Erziehungshilfen" zur Sprache kommen, wobei der Schwerpunkt auf praktischen Modellen von "Mehr Demokratie wagen" liegt: Hans-Ullrich Krause berichtet von der Tätigkeit des "Sprecherrates" einer Berliner Jugendhilfeeinrichtung, eines Kinder- und Jugendparlamentes mit weitreichenden Mitgestaltungsmöglichkeiten. In Interviews mit Sefi Steffen, der stellvertretenden Vorsitzenden des hessischen Landesheimrates und mit l/orst Schaletzky, Dezernent im Landesjugendamt Hessen, wird über Heimräte in Hessen und den Erlaß "Grundrechte und Heimerziehung" informiert sowie Auszüge dieses Erlasses dokumentiert. Georg Landenberger, Direktor des Sozialpädagogischen Fortbildungswerkes Brandenburg, stellt historische Überlegungen zur Diskussion über Rechte in der Heimerziehung aus den unterschiedlichen Perspektiven "West" und "Ost" 4 vor und diskutiert Folgerungen für die Praxis. Hannelore Häbel verbindet eine juristische Bewertung von Paragraph 9 Nr. 3 KJHG mit der Forderung, die dort nur programmatisch formulierten Mädchenrechte nun in Landesausführungsgesetzen verbindlicher zu gestalten.
Schließlich befaßt sich auch unsere Rubrik "Die junge Seite" mit dem Heftschwerpunkt: Andreas Strathmann, ein Berliner Jugendlicher, berichtet über die Arbeit der IGfH -Projektgruppe "Rechte von Kindern und Jugendlieben in Erziehungshilfen 11
Kinderrechte II
Mit Kinder- und Jugendrechten befaßt sich die IGfH aber nicht nur im Rahmen eines Heftschwerpunktes von "Forum Erziehungshilfen 11.
Außer dem unmittelbar bevorstehenden "Rechte- Kongreß" vom 15. bis 17. März 1995 in Frankfurt läuft seit September 1994 das von der Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V. und dem Land Hessen unterstützte Projekt "Rechte von Kindern und Jugendlichen in Erziehungshilfen". Innerhalb dieses Projektes treffen sich zur Zeit regelmäßig Jugendliebe und ältere Kinder aus Heimen und Pflegefamilien sowie deren Erzieherinnen und arbeiten zum Thema "Rechte". Die Jugendlichen der Projektgruppe werden auf dem Frankfurter Kongreß ein eigenes Forum über Kinderrechte gestalten. Ziel des Gesamtprojektes ist es, gemeinsam mit Jugendlieben ein Ratgeber-Handbuch für Kinder, Jugendliebe und deren Erzieherinnen zu erarbeiten.
Es hat uns sehr gefreut, daß das Ende 1994 an alle IGfH-Mitglieder verschickte Arbeitsheft "Zur Diskussion gestellt: Rechte von Kindern und Jugendlichen in Erziehungshilfen ", das sich an junge Menschen in Heimen, Wohngruppen und anderen Erziehungshilfen wendet und sie um Mithilfe bei der Erstellung des Handbuches bittet, auf eine große Resonanz gestoßen ist. "Ich habe zwar beim Lesen des Heftes ein paar Mal schlucken müssen, aber ich denke, das ist für uns eine ganz wichtige Sache. Bitte schickt uns noch 50 Hefte", schrieb eine Heimleiterin und ein Kollege aus einem Jugendamt orderte gleich 200 Exemplare "für die hiesige Forum Erziehungshilfen, 1. Jg. 1995, H. 1 Jugendhilfeplanung und die Einrichtungen öffentlicher und freier Träger in unserem Bezirk."
Und immer noch gilt: Kostenlose Mehrexemplare des Arbeitsheftes können Sie in der IGfHGeschäftsstelle anfordern. Leiten Sie das Heft bitte an junge Menschen in ihrer Einrichtung weiter, benutzen Sie das Heft eventuell für Einzel- und Gruppengespräche über das Thema "Rechte". Über alle Reaktionen, Erfahrungen und Anregungen freut sich die Projektgruppe!
Wolfgang Trede