Professionalität und Berufseinstieg

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ForE 4/21

Die Angebote der Hilfen zur Erziehung sind breit aufgestellt und auch der Personalumfang ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich expandiert (+/- 100 000 Beschäftigte). 70 Prozent der Hauptamtlichen sind Frauen. Die Professionalisierungsquote in den stationären Hilfen verdeutlicht, dass jede*r Dritte einen einschlägigen Hochschulabschluss und knapp die Hälfte der Mitarbeiter*innen einen Abschluss als (Jugend- und Heim-)Erzieher*innen haben (s. Abb.1, Infokasten Fendrich/Tabel, S. 203 i.d. h.). Die Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik spricht von einem Arbeitsbereich mit einem jungen Personalkorpus, in dem ein Drittel der Beschäftigten unter 30 Jahre alt ist und vorrangig in Wohngruppen und in der sozialen Gruppenarbeit arbeitet. Es handele sich zudem um ein Berufseinstiegs- bzw. Durchgangsarbeitsfeld, das knapp 40 Prozent nach zwei Jahren wieder verlassen – ein Phänomen und ein „Schicksal“, das die Heimerziehung mit dem Allgemeinen Sozialen Dienst in den Jugendämtern gemein hat. Damit ist bereits ein Problem angesprochen, nämlich die fachliche Notwendigkeit, Kontinuität von Bezugspersonen für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten bei gleichzeitiger hoher Fluktuation dieser Bezugspersonen. Gleichzeitig ist eine zweite Tendenz zu erkennen: Der Anteil der über 55-Jährigen hat sich in den letzten 15 Jahren auf 18 Prozent verdoppelt. Arbeiten in den HzE ist ein „anspruchsvolles Geschäft“. Es erfordert die Fähigkeit zur Begegnung, Beziehung, Aushandlung und zum Konflikt. Es erfordert ein Verständnis von Partizipation und lebensweltlichen Zusammenhängen und eine damit einhergehende Haltung, ebenso ein Wissen um die eigene Biografie und Wertemuster sowie eine kritische Auseinandersetzung mit den Aufträgen. Der Fachkräftemangel und die Rahmenbedingungen in den Erziehungshilfen zeigen rasante und auch schwierige Entwicklungen z. B. in Form von Absenkungen der Anforderungen bzw. Voraussetzungen und den zunehmend angebotenen Kurzausbildungen für Quereinsteiger*innen. Im Blick auf den Prozess der Herausbildung von Professionalität fokussieren wir in der Heftausgabe v.a. auf zwei ‚Phasen‘ oder Orte: die Hochschule/das Studium sowie den Berufseinstieg. Den Hochschulen kommt bei der Ausbildung von Professionalität und der hierfür erforderlichen Analysefähigkeit und Haltung eine wichtige Rolle zu; dabei spielt auch die Zusammenarbeit mit Praxispartner*innen während der integrierten Praxisphasen eine prägende Rolle. Es interessiert dabei auch, mehr über die Motivation von Studierenden zu erfahren, in den HzE, insbesondere der Heimerziehung, tätig werden zu wollen. Welche Vorstellungen und Selbstsichten wie auch Deutungsmuster sind damit verbunden? Was bräuchte es an Unterstützung beim Übergang und bei der Einarbeitung? Welches Wissen aus dem Studium wird als nützlich erlebt, um sich in der Berufstätigkeit zurechtzufinden und eine Professionalität auszubilden? Den Reigen der Beiträge eröffnen Claudia Daigler und Diana Düring. Sie nehmen Anfragen an das fachliche Selbstverständnis zum Ausgangspunkt, greifen ohne Anspruch auf Vollständigkeit Aspekte des professionellen Verständnisses und Handelns in den HzE heraus und leiten Ansatzpunkte für das Studium daraus ab. Ulrike von Wölfel und Elsa Thurm fokussieren das Thema Berufseinstieg von zwei Seiten – aus Sicht von Studierenden, die in der Heimerziehung tätig sein wollen, und aus Sicht von jungen Menschen, die in Wohngruppen leben bzw. lebten. Herausgestellt wird, welches Potenzial sich aus dem Einstieg von neuen Fachkräften ,ins Feld‘ ergeben kann. Samuel Keller, Franziska Scheffler und Ashley Muñoz fragen in ihrem Beitrag danach, welche Bildungsprozesse im Übergang vom Studium in die Praxis stattfinden (sollten). Elisabeth Schmutz und Miriam Wolf beschreiben mit Blick auf die Plattform „Forum Transfer“ Herausforderungen an die Fachlichkeit in Pandemiezeiten. Sie erkennen einen Digitalisierungsschub auch in den HzE, warnen aber auch vor einer Verstetigung von Rahmenbedingungen, die sich im Krisenmodus herausgebildet haben. Martina Kriener beleuchtet die Perspektiven der Einrichtungen, der Träger, indem sie Inhalte aus Gesprächen mit Einrichtungsvertreter*innen in Form von Themenblöcken aufbereitet.

Claudia Daigler, Diana Düring 

Aus dem Inhalt

Claudia Daigler, Diana Düring: Professionsverständnisse und Professionalitätserwerb in Erziehungshilfen

Samuel Keller, Franziska Scheffler, Ashley Muñoz: Bildungsprozesse in der Übergangsgestaltung vom Studium in die Praxis ermöglichen

Ulrike von Wölfel, Elsa Thurm: „Da sitzt jemand Neues in der Küche“ Wahrnehmungen von Careleaver*innen und Student*innen zu Berufseinstieg und Professionalität in den stationären Hilfen zur Erziehung .

Elisabeth Schmutz, Miriam Wolf: Aus der Krise lernen? Professionalität im Ausnahmezustand – Erkenntnisse der Plattform Forum Transfer

Martina Kriener. Erwartungen der Praxis an Praktikant*innen und Berufseinsteiger*innen und ihre „Gegenleistungen“ – Schlaglichter auf eine komplexe Gemengelage

Monika Lengauer, Christian Posch: Weiterbildungscurriculum entlang der Qualitätsstandards für die stationäre Kinder- und Jugendhilfe in Österreich 

Norbert Struck: Kinder von Inhaftierten − eine Zielgruppe der Jugendhilfe!

Alexander Parchow: Gutes Betreuer*innenhandeln in der stationären Erziehungshilfe aus der Sicht junger Menschen

Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention: Zwangsmaßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe – eine kinderrechtliche Perspektive

Schlagwörter
Seiten
64
Erscheinungsjahr
2021
Ausgabe
4
Sammelband
Nein
Ausgabe Jahr
2021