Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Ein Zwischenruf der Erziehungshilfefachverbände zur aktuellen Debatte über eine Verteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge.
Auf Initiative verschiedener Bundesländer hat eine Bund-Länder–AG unter Federführung des Kanzleramtes eine Änderung des SGB VIII angeregt, mit dem Ziel, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) bundesweit umzuverteilen. Im Anschluss an ein Fachgespräch am 14.11.2014 wurde beschlossen, dass das BMFSFJ bis zum 11.12.2014 einen Gesetzesentwurf oder zumindest Eckpunkte für einen Gesetzesentwurf zur Änderung des SGB VIII vorzulegen hat, der dann auf der Ministerpräsidentenkonferenz eingebracht werden soll. Vor diesem Hintergrund bringen die Fachorganisationen der Erziehungshilfe in Deutschland mit dem beigefügten Zwischenruf ihre Position ein.
In einem Land mit 80 Millionen Einwohnern, bester Infrastruktur und gut geregelten gesetzlichen Möglichkeiten und etablierten Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe sollte es grundsätzlich möglich sein, mehrere tausend junge Flüchtlinge zusätzlich zu versorgen und ihnen eine Zukunft zu geben, ohne erarbeitete und bewährte Standards der Kinder- und Jugendhilfe in Frage zu stellen. Bei einem gesetzlichen Schnellverfahren drohen jedoch eine Reihe von unbeabsichtigten Nebenfolgen für den verlässlichen Schutz und die Förderung dieser Kinder im Rahmen der öffentlichen Jugendhilfe.
Die Bundesregierung ist - laut eigenem Koalitionsvertrag - verpflichtet, die UN-Kinderrechtskonvention, das Haager Schutzabkommen und diverse EU-Richtlinien umzusetzen; daran ändert auch eine mögliche Änderung des SGB VIII nichts. Die Bundesregierung sollte einen Aktionsplan entwerfen, in dem bei unveränderter Anerkennung der guten gesetzlichen Grundlagen die Verantwortlichen auf Länder- und kommunaler Ebene verpflichtet und in die Lage versetzt werden, die UMF dort, wo sie ankommen oder aufgegriffen werden, zu schützen, in Obhut zu nehmen, ihnen Hilfe zu gewähren, sie zu integrieren und ihnen Bildung, Ausbildung und einen sicheren Aufenthaltsstatus zu bieten.
Die Kinder- und Jugendhilfestandards müssen auch angesichts der stark zugenommenen Flüchtlingszahlen ihre normsetzende Gültigkeit behalten!