(Ambulante) Familienhilfen
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Zum Online-ShopFamilienhilfen sind „in“ – nach einer kurzen Corona bedingten Flaute steigen die Fallzahlen der ambulanten familienorientierten Hilfen ( SPFH ) und der familienorientierten Hilfen nach § 27 (2) SGB VIII wieder an. Die Quantität dieser Hilfen sagt allerdings noch nichts aus über die Qualität, die nach wie vor durch hohe Unterschiedlichkeiten geprägt ist. Feld- und professionsübergreifend gibt es zudem sehr unterschiedliche Begriffe für und heterogene Verständnisse von familienorientierten Hilfen. Dennoch, ist die Wertschätzung der Familie hoch und der Erhalt der Familie steht oftmals im Vordergrund. Dies ist nicht nur ob des geltenden Rechts so zu betrachten, sondern auch weil mit ‚Familien‘ zwar verschiedene, aber zumeist positiv konnotierte Bilder verbunden sind, und weil Familien nach wie vor – neben Kita und Schule – als die Sozialisationsinstitutionen schlechthin gelten.
Die Kleinfamilie ist zu einer politisch privilegierten Lebensform erhoben – gekennzeichnet u. a. durch Privatheit, Intimität und Emotionalität, und Care-Aufgaben – auch wenn sie um die „benachteiligte“ bzw. „unvollständige“ oder „bildungsferne“ bzw. ‚migrantische Familie‘- gleichsam als „defizitäres Gegenbild“ zur verantwortungsbewussten und bildungsaffinen Familie erweitert wurde. Um dieses Gegenbild kümmert sich die Kinder- und Jugendhilfe – zumeist im Sinne einer „milieuspezifischen Normalisierung“.
Welche Formen familienorientierter Arbeit gewählt, welche Konzepte und Methoden angewandt werden, welche Zugänge aber auch welche Schwierigkeiten und eventuelle (poli-
tische) Fehlentwicklungen sich zeigen, wird in dieser Ausgabe aspekthaft dargestellt.
Einleitend skizziert Klaus Wolf Strukturmerkmale, Spannungsfelder und unauflösbare Widersprüche der Familienhilfe und der SPFH im Besonderen. Er zeigt, dass es Fachkräfte durch steigende Fallzahlen bei gleichermaßen gedeckelten Fachleistungsstunden schwer haben, die inhärenten Ambivalenzen des Handlungsfelds zwischen „Hilfe und Kontrolle“, „Familienfokussierung und sozial-strukturellem Blick“ auszubalancieren.
Marie-Luise Conen knüpft mit einem Zwischenruf daran an: Ausgebremst durch eine chronische finanzielle Unterfinanzierung, rekurrieren Fachkräfte immer mehr auf Defizitkonstruktionen und Diagnosen, um die Gewährung von SPFH zu legitimieren und abzusichern. Eine Spirale, so Conen, die zu einer systematischen Verengung in der Hilfeplanung und im Fallverständnis führt – und schließlich auch die fachliche Weiter- und Konzeptentwicklung innerhalb der SPFH blockiert.
Vertiefend zeichnet Friedhelm Peters nach, wie neoliberale Paradigmen der Selbstführung, Optimierung und Eigenverantwortung zur Konstruktion eines ganz spezifischen, aber zugleich dominanten Bildes der „verantwortungsbewussten und bildungsaffinen Familie“ führen. Fallverstehen und Urteilsbildungsprozesse in der SPFH laufen damit auch Gefahr, die strukturelle Ungleichheitsverhältnisse aus dem Blick zu verlieren und Krisenhaftes mit Defiziten der „Erziehungsfähigkeit“ von Eltern zu begründen.
Den damit zugleich aufgeworfenen Fragen nach den Lebenssituationen von Adressat*innen, aber auch der Frage nach den Machtverhältnissen innerhalb der Interaktion von Fachkräften und Adressat*innen gehen Nicole Knuth und Peter Hansbauer mit Blick auf Eltern nach. Jenseits von Adressat*innenorientierung und der Reflexivität von Fachkräften
bezüglich ihrer Privilegien, muss es darum gehen, Eltern systematisch in ihrer Position zu stärken: Information über Rechte, Selbstvernetzung, Ombudsstellen und strukturell
verankerte Partizipation kommen hierbei in den Blick.
Gunther Grasshoff, Florian Hinken und Ita Räpke haben dagegen Kinder befragt, wie sie die sozialpädagogische Familienhilfe erleben. In ihren Interpretationen zeigt sich, welche (Eigen-)Interessen bzw. welchen Eigensinn Kinder jenseits von Zielvereinbarungen verfolgen können.
Das abschließende Praxisbeispiel von Lucia Druba und Hans-Ullrich Krause veranschaulicht, wie mittels eines integrativen, ambulant und stationär verzahnenden Ansatzes die Unterstützung ganzer Familiensystem auch in akuten Krisen organisiert werden kann, um Trennungen vor allem jüngerer Kinder von ihren Eltern zu vermeiden.
Friedhelm Peters, Josef Koch