Vormundschaften/Pflegschaften in den Erziehungshilfen

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Die Vormundschaft und Pflegschaft ist strukturell eng mit den Erziehungshilfen verwoben – wobei Verwobenheit einen Zustand beschreibt, der sich in der Praxis nur selten findet. Es gibt in Deutschland ca. 100.000 Vormundschaften/Pflegschaften und viele der betroffenen jungen Menschen leben in den Erziehungshilfen. Sind Eltern nicht in der Lage die Sorge ihres Kindes zu übernehmen z.B. durch Abwesenheit oder Entzug der elterlichen Sorge durch das Familiengericht erhält das Kind einen Vormund. Eine geeignete Person soll sodann zur Übernahme der Vormundschaft in der Familie oder im Umfeld gefunden werden, sollte dies nicht möglich sein, so erhält das Kind eine/n Amtsvormund*in, Berufsvormund*in  eine/n Vereinsvormund*in oder eine/n ehrenamtlichen Vormund*in, die/der  die Sorge übernimmt. 

Vormünder*innen handeln dann „an Eltern statt“ und beantragen die Hilfen für den jungen Menschen und haben eine Schlüsselrolle im Hilfeprozess. Sie haben die Pflicht, die Pflege und Erziehung des Kindes zu fördern und zu gewährleisten, hierzu gehören auch die (Mit-)Auswahl der Pflegeeltern oder der stationären Einrichtung. Die Alltagsgestaltung / -sorge übernehmen die Pflegeeltern oder Bezugsbetreuer*innen. Die/der Vormünd*in muss aber bei allen tiefgreifenden Entscheidungen einbezogen werden und haben einmal im Monat persönlich Kontakt zu den Kindern / Jugendlichen.

Vormünder*innen sind vergleichsweise sehr präsent, so bereiten sie das Hilfeplangespräch mit vor oder treffen Entscheidungen über z.B. Teilnahmen an Klassenfahrten. Es gibt jedoch nur punktuellen fachlichen Austausch zwischen den Professionen. In der Fachdiskussion wird die Kooperation zwischen Vormundschaft/Pflegschaft und Erziehungshilfen vornehmlich in der Pflegekinderhilfe diskutiert – jedoch mit deutlichem Fokus auf die Rolle und Rechte der Pflegeeltern.

Diese Schwerpunktausgabe möchte sich erstmals explizit mit der Schnittstelle Erziehungshilfen und Vormundschaft aus einer sozialpädagogischen Perspektive annähern. Die Debatte zu Vormundschaft wird gegenwärtig fast ausnahmslos aus einer rechtlichen Perspektive besprochen, dass das Führen von Vormundschaften jedoch auch sozialpädagogisches Handeln umfasst, wird bisher eher vernachlässigt. Das Heft möchte exemplarisch verschiedene Arbeitsfelder der Erziehungshilfen und ihre sozialpädagogischen Bezüge zur Vormundschaft erörtern.

In einem einführenden Überblickskasten wird im Heft wird zunächst ein orientierender Überblick bezüglich der Vormundschaft/Pflegschaft gegeben. Anschließend kartieren  Jacqueline Kauermann-Walter und Stefan Wedermann die Herausforderungen der Kooperation zwischen Erziehungshilfen und Vormundschaft in der Pflegekinderhilfe und Heimerziehung. Katharina Lohse und Henriette Katzenstein nähern sich dem Thema Umgang und Kontakt von Eltern zu ihren Kindern, die in einer Pflegefamilie leben und eine*n Vormund*in haben. Andreas Meißner widmet sich der Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in der Heimerziehung und arbeitet hier praxisnah die Rolle der Vormünder*innen in diesem Arbeitsfeld heraus. Daniel Hajok plädiert dafür, dass Vormünder*innen ein digitales Recht auf Zugang zur Onlinewelt für ihre Mündel_innen respektieren und fördern müssen. Britta Sievers überträgt Einsichten aus der Careleaver-Forschung und Praxisentwicklung im Übergang auf die Vormünder*innen und zeigt wie diese die jungen Menschen vorbereiten und unterstützen können. Wolfgang Schröer wendet sich in einem eher grundsätzlichen Beitrag der Partizipation in der Vormundschaft zu und macht deutlich, dass Partizipation nicht nur Beteiligung an Verfahren bedeutet, sondern auch die Konstitution von Strukturen und Institutionen in der Vormundschaft selbst hinterfragt werden muss. Laura Brüchle und Robert Wepner, die einen Vormund hatten, geben Einblicke, was sie als Betroffene unter guter Vormundschaft verstehen. Peter Schruth stellt pointiert einen Fall aus dem Bundesnetzwerk Ombudschaft vor, der auch die kritischen Momente in der Vormundschaft sichtbar macht, die u.a. durch die Machtkonzentration bei der/dem Vormund*in entstehen können.

Jacqueline Kauermann-Walter, Stefan Wedermann

 

Aus dem Inhalt:

Überblick: Vormundschaft/Pflegschaft in HzE

Jacqueline Kauermann-Walter, Stefan Wedermann: Außen vor und mittendrin. Die Vormundschaft als Kooperationspartnerin in den Erziehungshilfen

Katharina Lohse, Henriette Katzenstein: Die Gestaltung von Kontakten zwischen Eltern und Kind – pädagogische Herausforderung und rechtliche Rahmung für die Vormundschaft

Andreas Meißner: Vormundschaft für junge Geflüchtete in der Heimerziehung

Daniel Hajok: Zugänge junger Menschen zur digitalen Welt – und die Rolle der Vormund*innen        

Britta Sievers: Vormundschaft und Leaving Care – über das zu frühe Ende einer Beziehung

Robert Wepner, Laura Brüchle: Gute Vormundschaft aus der Sicht von jungen Menschen, die selbst eine*n Vormund*in hatten

Peter Schruth: Fallbeispiel aus ombudschaftlicher Beratung

Wolfgang Schröer: Junge Menschen und ihre Rechte in den Vormundschaften – ein Kommentar zur Partizipationsdebatte in der Kinder- und Jugendhilfe

Friedhelm Peters: Der Konstruktionsprozess der „Schwierigen“ – das Beispiel der sogenannten „Systemsprenger* innen“

Peter Kramlinger, Stephan Cinkl: „Systemsprenger*innen“ verstehen (und erst dann handeln) – eine österreichische Studie oder wie man geschlossene Unterbringung auch in Deutschland vermeiden kann

Schlagwörter
Seiten
64
ISBN
978-3-7799-2517-0
Erscheinungsjahr
2020
Ausgabe
2
Sammelband
Nein
Ausgabe Jahr
2020