Steuerung und Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung
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Zum Online-ShopDas Heft 2/2004 des Forums Erziehungshilfen hatte den Titel „Kostendruck in der Jugendhilfe“. Die Beiträge lesen sich recht aktuell und dennoch kann man es nicht dabei belassen, die Unendlichkeit des Themas Kostendruck in den Hilfen zur Erziehung festzustellen und sich zurückzulehnen. Die jeweiligen Diskurse haben neben dem sich Wiederholenden immer auch neue Facetten innerhalb strategischer Machtkämpfe. Heute läuft die Debatte derzeit noch unter dem Label „Steuerung und Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung“. Sie wurde ausgelöst am 13.05.2011 durch das sog. Pörksen-Papier“ (s. hierzu Porr/Lohest) und konfiguriert sich derzeit um ein Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht ( DIJuF ) „Recht der Finanzierung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe“, das im Sommer 2014 veröffentlicht wurde.
In diesem Heft schildern zunächst Claudia Porr und Klaus Peter Lohest, Mitarbeiter_innen des in diesem Diskussionsprozess federführenden Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Rheinland-Pfalz, den Entwicklungsprozess der Diskussion vom „Pörksen-Papier“ bis zum DIJuF-Gutachten. Anschließend stellen Meysen/Beckmann/Reiß und Schindler Grundüberlegungen und zentrale Ergebnisse des von ihnen erarbeiteten Gutachtens des DIJuF vor.
Damit sind die Ausgangspunkte, Entwicklung und derzeitiger Stand der Diskussion zum Thema „Steuerung und Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung“ dokumentiert. Mittlerweile hat am 30.06.2014 in der Landesvertretung NRW in Berlin eine erste Fachveranstaltung zum Thema "Recht der Finanzierung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe" stattgefunden, auf der Thomas Meysen das Gutachten des DIJuF vorgestellt hat, das dann aus der Sicht von Freier Wohlfahrtspflege, Kommunen und Wissenschaft einer ersten Bewertung und Diskussion unterzogen wurde.
Das ist der eine – sozusagen ‚offizielle‘– Strang dieser Diskussion. Wenn man aber mal von dieser populären, aber zugleich fragwürdigen Metapher der „Steuerung“ absieht, dann ist doch als Thema die „Weiterentwicklung“ der Hilfen zur Erziehung aufgerufen. Darunter kann man sich nun sinnvollerweise sehr viel mehr vorstellen als die in dieser ‚offiziellen‘ Diskussion aufgeworfenen Themen: Weiterentwicklungen im Pflegekinderwesen, die Abschaffung der geschlossenen Unterbringung, die Problematisierung der mittlerweile wieder weit fortgeschrittenen Überspezialisierung der Arrangement. Wir haben in diesem Heft drei Facetten zum Stichwort Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung aufgegriffen, die in der Mainstream-Diskussion des Themas bisher kaum Aufmerksamkeit finden.
Thomas Olk und Tina Wiesner berichten von der Evaluation eines Modellprojekts in Bremen-Walle. Kern des Modellprojekts ist eine deutliche Personalaufstockung des ASD , verbunden mit Fortbildungen zur besseren Sozialraumorientierung des ASD. Im Ergebnis zeigt sich, dass durch den Personalausbau offenbar Outsourcingprozesse des ASD gestoppt werden, die offensichtlich hauptsächlich in Richtung auf Einrichtungen von SPFHs gingen. Unter dem Strich, so ein Ergebnis der Evaluation, rechnet sich das sogar.
Luise Hartwig greift das Thema Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung aus der Perspektive einer geschlechtergerechten Weiterentwicklung auf und kritisiert die mangelnde Berücksichtigung der „Stimme der Adressat_innen“ im gegenwärtigen Mainstream-Diskurs. Bekäme sie mehr Beachtung, dann würden auch die konkreten Weiterentwicklungsbedarfe hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in den Blick kommen. Die Hilfeplanung, die Elternarbeit und die Genderkompetenzen der Fachkräfte stellt sie dabei in den Mittelpunkt ihrer Analyse.
Schließlich greifen Diana Düring und Friedhelm Peters die Diskussionen um die „Sozialraumorientierung“ noch einmal auf und fordern – auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen des INTEGRA -Projekts der IGfH – zu Differenzierungen auf und plädieren dafür, das fachliche Konzept der Sozialraumorientierung und seine Umsetzungen nicht abstrakt als Kostensparmodell zu bewerten, sondern jeweils im gesamtgesellschaftlichen, aber auch spezifischen lokalen Kontext zu bestimmen.
Norbert Struck
Aus dem Inhalt
Friedhelm Peters
Mindestlohn?
Claudia Porr, Klaus Peter Lohest
Entwicklung und Perspektiven der Länderdebatten über „Steuerung und Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung“
Thomas Meysen, Janna Beckmann, Daniela Reiß, Gila Schindler
Finanzierung nach SGB VIII verstehen und weiterentwickeln
Thomas Olk, Tina Wiesner
Arbeit im Sozialraum oder gezielte Fallsteuerung?
Luise Hartwig
Geschlechtergerechte Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung
Diana Düring, Friedhelm Peters
Sozialraumorientierung – fachlicher Bezugspunkt der Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung oder Sparmodell?
Lotta Berg Eklundh
Die schwedische Hilfeform Kontaktfamilie – präventive und unterstützende Hilfe oder eine Form der Pflegeunterbringung für das Kind?
Holger Wendelin
Grauzonen aus grauen(haften) Vorzeiten?
Kommentar aus historisch vergleichender Perspektive zum Text: Grauzonen – abschaffbare oder elementare Räume in der Sozialpädagogik? Von Mathias Schwabe (ForE 2/2014)
Nicole Knuth, Remi Stork
Beteiligungsverfahren und Beschwerdemöglichkeiten – kann die Heimerziehungspraxis die neuen rechtlichen Ansprüche nach § 45 SGB VIII erfüllen?
Norbert Wieland
Zwischenruf: Der Dönerladen an der Ecke, das sind doch Deutsche …
Norbert Struck
Das Paritätische Konzept zur Sicherung von Teilhabe durch Kinder- und Jugendarbeit